Gesundheit

Leberzirrhose durch Alkohol: Symptome & Stadien

Was ist Leberzirrhose?

Die Leberzirrhose ist das Endstadium chronischer Lebererkrankungen und durch eine fortschreitende Vernarbung (Fibrosierung) des Lebergewebes gekennzeichnet. Gesundes, funktionsfähiges Lebergewebe wird dabei durch Bindegewebe ersetzt, was zu einer zunehmenden Einschränkung der Leberfunktion führt.

Der Begriff "Zirrhose" leitet sich vom griechischen Wort "kirrhos" (orange-gelb) ab, da die zirrhotische Leber eine charakteristische gelblich-orangene Farbe aufweist. Die Erkrankung entwickelt sich meist über Jahre oder Jahrzehnte und ist in den meisten Fällen irreversibel.

Wichtige Fakten

In Deutschland ist Alkohol mit etwa 50% die häufigste Ursache für eine Leberzirrhose. Etwa 30-40% aller Menschen mit chronischem Alkoholmissbrauch entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Zirrhose.

Entstehung & Ursachen

Die Leberzirrhose entwickelt sich als Folge einer chronischen Leberschädigung. Die häufigsten Ursachen sind:

1. Alkoholische Leberzirrhose (50%)

Chronischer Alkoholkonsum ist in Deutschland die Hauptursache. Bereits 40-60g reiner Alkohol täglich über 10-15 Jahre können zur Zirrhose führen. Bei Frauen liegt die Schwelle niedriger (20-40g täglich).

2. Virale Hepatitis (25-30%)

  • Hepatitis B (chronische Infektion)
  • Hepatitis C (häufigste virale Ursache)
  • Hepatitis D (nur zusammen mit Hepatitis B)

3. Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD)

Zunehmend häufig durch:

  • Übergewicht und Adipositas
  • Diabetes mellitus Typ 2
  • Metabolisches Syndrom
  • Fettstoffwechselstörungen

4. Weitere Ursachen

  • Autoimmune Hepatitis
  • Primär biliäre Cholangitis (PBC)
  • Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit)
  • Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit)
  • Medikamente und Toxine
Risikofaktoren

Die Kombination mehrerer Faktoren erhöht das Risiko deutlich: Wer z.B. Alkohol trinkt und gleichzeitig Übergewicht hat oder an Hepatitis leidet, entwickelt schneller und schwerer eine Zirrhose.

Symptome & Stadien

Die Leberzirrhose verläuft in zwei Stadien:

Kompensierte Zirrhose (Child-Pugh A/B)

Die Leber kann ihre Aufgaben noch teilweise erfüllen. Symptome sind oft unspezifisch oder fehlen ganz:

  • Müdigkeit und Leistungsschwäche
  • Appetitlosigkeit
  • Gewichtsverlust
  • Druck im rechten Oberbauch
  • Leichte Gelbfärbung der Augen

Dekompensierte Zirrhose (Child-Pugh C)

Die Leber kann ihre Funktionen nicht mehr ausreichend erfüllen. Schwere Symptome treten auf:

Leberspezifische Zeichen:

  • Ikterus (Gelbsucht): Gelbfärbung von Haut und Augen
  • Aszites: Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum ("Bauchwasser")
  • Ödeme: Wassereinlagerungen in Beinen und Füßen
  • Spider naevi: Spinnenartige Gefäßerweiterungen auf der Haut
  • Palmarerythem: Rötung der Handinnenflächen
  • Lackzunge: Glatte, rote Zunge

Neurologische Symptome (Hepatische Enzephalopathie):

  • Verwirrtheit und Konzentrationsstörungen
  • Schläfrigkeit bis zum Koma
  • Zittern der Hände (Asterixis, "Flattertremor")
  • Persönlichkeitsveränderungen

Weitere Symptome:

  • Starker Juckreiz
  • Blutungsneigung (Nasenbluten, blaue Flecken)
  • Hormonelle Störungen (Impotenz, Brustvergrößerung bei Männern)
  • Bauchschmerzen

Komplikationen

Die Leberzirrhose kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen:

1. Ösophagusvarizenblutung

Durch den gestörten Blutfluss durch die Leber entstehen erweiterte Venen in der Speiseröhre (Varizen), die plötzlich platzen können. Dies führt zu:

  • Bluterbrechen (kaffeesatzartiges oder hellrotes Blut)
  • Teerstuhl (schwarzer Stuhlgang)
  • Schock und Kreislaufversagen

➜ Notfall! Sofort den Notarzt rufen (112)!

2. Hepatische Enzephalopathie

Giftstoffe (vor allem Ammoniak) können nicht mehr ausreichend abgebaut werden und gelangen ins Gehirn:

  • Grad I: Leichte Verwirrtheit, Konzentrationsstörungen
  • Grad II: Schläfrigkeit, deutliche Verwirrtheit
  • Grad III: Starke Bewusstseinsstörung, Schläfrigkeit
  • Grad IV: Koma

3. Spontane bakterielle Peritonitis (SBP)

Bakterielle Infektion der Bauchwasserflüssigkeit:

  • Fieber und Schüttelfrost
  • Bauchschmerzen
  • Verschlechterung des Allgemeinzustands

4. Hepatorenales Syndrom

Nierenversagen als Folge der fortgeschrittenen Zirrhose. Ohne Behandlung meist tödlich.

5. Leberzellkrebs (Hepatozelluläres Karzinom)

Das Risiko für Leberkrebs ist bei Zirrhose stark erhöht (3-5% pro Jahr). Regelmäßige Ultraschallkontrollen alle 6 Monate sind wichtig!

Notfälle erkennen

Bei Bluterbrechen, Teerstuhl, starker Verwirrtheit, Fieber oder Bauchschmerzen bei bekannter Zirrhose immer den Notarzt rufen! Diese Symptome können lebensbedrohlich sein.

Diagnose

Die Diagnose einer Leberzirrhose erfolgt durch verschiedene Untersuchungen:

1. Anamnese und körperliche Untersuchung

  • Erfassung von Risikofaktoren (Alkohol, Hepatitis, etc.)
  • Tastbefund: Vergrößerte, knotige Leber (im Spätstadium verkleinert)
  • Vergrößerte Milz (Splenomegalie)
  • Leberhautzeichen (Spider naevi, Palmarerythem)
  • Aszites, Ödeme

2. Laboruntersuchungen

Leberwerte:

  • GOT (AST) und GPT (ALT) erhöht (bei aktiver Schädigung)
  • Gamma-GT erhöht (v.a. bei Alkohol)
  • AP (alkalische Phosphatase) erhöht
  • Bilirubin erhöht (Gelbsucht)

Syntheseleistung:

  • Albumin erniedrigt
  • Quick/INR: Gerinnungsstörung
  • Cholinesterase erniedrigt

Weitere Parameter:

  • Blutbild: Anämie, Thrombozytopenie
  • Ammoniak erhöht (bei Enzephalopathie)
  • AFP (Alpha-Fetoprotein) zum Screening auf Leberkrebs

3. Bildgebende Verfahren

  • Ultraschall (Sonographie): Lebergröße, Struktur, Aszites, Milzgröße
  • Elastographie (FibroScan): Messung der Lebersteifigkeit (nicht-invasiv)
  • CT/MRT: Detaillierte Beurteilung, Ausschluss von Leberkrebs
  • Endoskopie: Nachweis von Ösophagusvarizen

4. Leberbiopsie

Die Entnahme einer Gewebeprobe ist der Goldstandard zur Sicherung der Diagnose und Beurteilung des Schweregrads. Wird jedoch nicht immer durchgeführt, wenn die Diagnose klinisch klar ist.

Child-Pugh-Score

Zur Beurteilung des Schweregrads werden folgende Parameter bewertet:

  • Bilirubin
  • Albumin
  • Quick/INR
  • Aszites
  • Hepatische Enzephalopathie

Child A: 5-6 Punkte (kompensiert)
Child B: 7-9 Punkte (intermediär)
Child C: 10-15 Punkte (dekompensiert)

Behandlung & Therapie

Die Leberzirrhose ist nicht heilbar, aber das Fortschreiten kann verlangsamt und Komplikationen können behandelt werden:

1. Behandlung der Grunderkrankung

  • Alkoholzirrhose: Absolute Alkoholabstinenz (kann Progression stoppen!)
  • Hepatitis B/C: Antivirale Therapie
  • NAFLD: Gewichtsreduktion, Diabetes-Therapie
  • Autoimmunerkrankungen: Immunsuppressive Therapie

2. Allgemeine Maßnahmen

  • Eiweißreiche, ausgewogene Ernährung
  • Vitaminsubstitution (B-Vitamine, Vitamin D)
  • Vermeidung leberschädigender Medikamente
  • Impfungen (Hepatitis A/B, Pneumokokken, Grippe)
  • Regelmäßige Kontrollen und Krebsfrüherkennung

3. Behandlung von Komplikationen

Aszites:

  • Salzarme Ernährung (< 5g NaCl/Tag)
  • Diuretika (Spironolacton, Furosemid)
  • Aszitespunktion bei Atemnot

Ösophagusvarizen:

  • Betablocker zur Drucksenkung (Propranolol)
  • Endoskopische Gummibandligatur
  • Im Notfall: Sklerosierung, Ballontamponade

Hepatische Enzephalopathie:

  • Lactulose (senkt Ammoniak)
  • Rifaximin (Antibiotikum)
  • Eiweißzufuhr anpassen

Spontane bakterielle Peritonitis:

  • Antibiotika (Ceftriaxon, Cefotaxim)
  • Albumin-Gabe

4. Lebertransplantation

Bei dekompensierter Zirrhose ist eine Lebertransplantation die einzige kurative Therapie. Voraussetzungen:

  • Child-Pugh C oder MELD-Score > 15
  • Keine aktive Alkohol- oder Drogenabhängigkeit
  • Mindestens 6 Monate Abstinenz bei Alkoholzirrhose
  • Keine schweren Begleiterkrankungen
Wichtig

Absolute Alkoholabstinenz ist die wichtigste Maßnahme bei alkoholischer Leberzirrhose! Selbst im fortgeschrittenen Stadium kann dies das Fortschreiten stoppen und die Lebenserwartung deutlich verbessern.

Prognose & Lebenserwartung

Die Prognose hängt stark vom Stadium und der Ursache ab:

5-Jahres-Überlebensrate

  • Child A (kompensiert): 85-95%
  • Child B: 60-70%
  • Child C (dekompensiert): 30-50%

Prognostische Faktoren

Günstige Faktoren:

  • Frühe Diagnose und Behandlung
  • Konsequente Alkoholabstinenz
  • Behandelbare Grunderkrankung (z.B. Hepatitis C)
  • Kompensierte Zirrhose ohne Komplikationen
  • Guter Ernährungszustand

Ungünstige Faktoren:

  • Fortgesetzter Alkoholkonsum
  • Dekompensation mit Komplikationen
  • Entwicklung eines Leberkrebses
  • Hohes Alter und Begleiterkrankungen
  • Mangelernährung

Todesursachen

Die häufigsten Todesursachen bei Leberzirrhose sind:

  • Varizenblutung (30%)
  • Leberversagen (20%)
  • Leberzellkarzinom (15%)
  • Infektionen (15%)
  • Hepatorenales Syndrom (10%)

Vorbeugung

Die wichtigsten Maßnahmen zur Vorbeugung einer Leberzirrhose:

1. Alkoholkonsum reduzieren oder vermeiden

  • Männer: Max. 20g reiner Alkohol/Tag (0,5l Bier oder 0,2l Wein)
  • Frauen: Max. 10g reiner Alkohol/Tag
  • Mindestens 2 alkoholfreie Tage pro Woche
  • Bei Lebererkrankung: Völlige Abstinenz!

2. Gesundes Körpergewicht

  • BMI zwischen 18,5 und 25
  • Ausgewogene, mediterrane Ernährung
  • Regelmäßige Bewegung
  • Vermeidung von Übergewicht und Diabetes

3. Impfungen

  • Hepatitis-A-Impfung (besonders bei Risikopersonen)
  • Hepatitis-B-Impfung (Standardimpfung)

4. Hygienemaßnahmen

  • Keine gemeinsame Nutzung von Spritzen (Drogenkonsum)
  • Safer Sex (Hepatitis B/C)
  • Hygiene bei Tätowierungen und Piercings

5. Medikamente

  • Vorsicht bei lebertoxischen Medikamenten
  • Kein Paracetamol bei Lebererkrankung
  • Ärztliche Rücksprache bei Dauermedikation

6. Vorsorgeuntersuchungen

Bei erhöhtem Risiko (Alkohol, Hepatitis, Fettleber):

  • Regelmäßige Kontrolle der Leberwerte
  • Ultraschall der Leber
  • Frühe Behandlung von Lebererkrankungen
1 Mio.
Menschen in Deutschland haben eine Leberzirrhose
50%
aller Fälle sind durch Alkohol verursacht
20-40g
Alkohol täglich über Jahre können zur Zirrhose führen